Sicherheit im Umgang mit Medikamenten

Sicherheit im Umgang mit Medikamenten

Markenmedikamente und Generika im Vergleich

Gibt es einen Unterschied zwischen Markenmedikamenten und Generika?

Die Frage, ob namhafte Markenmedikamente besser wirken als Generika (auch Nachahmerpräparate genannt) beschäftigt Forscher, Gesundheitsexperten, aber auch Patienten schon seit einiger Zeit.

Herkömmliche Hausarztpraxen verschreiben wann immer es ihnen möglich ist Generika, da sie ihrer Meinung nach die gleiche Wirksamkeit haben und zudem auch noch preiswerter sind.

Manche Patienten werden wahrscheinlich eher etwas skeptisch sein, wenn ihnen zu einem Generikum anstelle eines Markenpräparats geraten wird, oder wenn sie von einem Markenpräparat auf ein Generikum umsteigen sollen. Sie werden vielleicht ein vermehrtes Auftreten von Nebenwirkungen feststellen, oder der Meinung sein, dass die Wirksamkeit des einen Präparats besser ist, als die des anderen. Auch wenn es um rezeptfreie Medikamente, wie zum Beispiel Kopfschmerztabletten oder Lippenherpescremes geht, investieren viele Leute lieber ein wenig mehr Geld und kaufen das bekannte Markenpräparat, anstatt etwas auszuprobieren, das Ihnen noch nicht bekannt ist.

Ist diese Denkweise jedoch gerechtfertigt, wenn man sich die Zusammensetzung der Medikamente anschaut?

Wir haben uns also vorgenommen, uns genauer mit diesem Thema zu befassen. Deshalb haben wir die Daten unserer Medikamenten Bewertungen hinsichtlich Wirksamkeit und Nebenwirkungen analysiert. Auch haben wir uns gedacht, dass es sicher interessant wäre die Expertenmeinung zweier Ärzte der Online-Apotheke Treated.com zu diesem Thema zu hören.

Die Medikamente

Im Rahmen unserer Nachforschungen haben wir die Bewertungen der unten genannten sechs Markenmedikamente und deren Generika auf unserer europäischen Internetseite untersucht:
  • Losec und das Generikum Omeprazol gegen Sodbrennen
  • Imigran und das Generikum Sumatripan gegen Migräne
  • Zocor und das Generikum Simvastin zur Senkung des Cholesterinspiegels
  • Die Kombinationspille Microgynon 30 und das Generikum Levonorgestrel/ Ethinylestradiol
  • Das Antibiotikum Flagyl und das Generikum Metronidazol
  • Zovirax und das Generikum Aciclovir zur Herpesbehandlung
Jedes Medikament, sowie das dazugehörige Generikum wurden auf einer Skala von 1 bis 5 bewertet nach:
  • Wirksamkeit
  • Anzahl der Nebenwirkungen
  • Schwere der Nebenwirkungen
  • Allgemeine Zufriedenheit
Dies sind unsere Ergebnisse:
Losec und Omeprazole Erfahrungen
  • Von mehr als drei viertel aller Befragten wurde Losec als sehr effektiv eingestuft
  • Diejenigen die Omeprazol bewertet haben, meldeten vermehrtes und stärkeres Auftreten von Nebenwirkungen als bei dem Markenpräparat
  • Die allgemeine Zufriedenheit bei Losec-Anwendern war höher als die von Omeprazol-Anwendern
Imigran und Sumatriptan Erfahrungen
  • Beide Präparate haben Ähnliche Bewertungen hinsichtlich Wirksamkeit und allgemeiner Zufriedenheit bekommen (weniger als 10% Unterschied)
  • Ebenfalls nur geringe Unterschiede gab es bei der Betrachtung der Nebenwirkungen
  • Das Generikum wurde in jeder Hinsicht um vieles schlechter bewertet als das Markenpräparat
  • Bei Simvastatin wurde viermal so oft ausgesagt, dass die Wirksamkeit nicht gegeben ist und zudem viele Nebenwirkungen auftreten
  • Auch die allgemeine Zufriedenheit der Anwender beider Präparate weicht stark voneinander ab - die Bewertung der allgemeinen Zufriedenheit des Markenpräparats war viermal so hoch wie die des Generikums
Microgynon 30 und Ethinylestradiol/Levonorgestrel Erfahrungen
  • Keine der beiden Präparate hat besonders gute Bewertungen erzielt
  • Das Generikum wurde öfter als unwirksam eingestuft
  • Häufigere und stärkere Nebenwirkungen bei Anwendern des Generikums
Zovirax und Aciclovir Erfahrungen
  • Diese beiden Präparate konnten leider nicht auf repräsentative Art und Weise verglichen werden, da zu wenig Bewertungen vorlagen
  • Hinsichtlich der Wirkung sind die Ergebnisse beider Präparate vergleichbar, jedoch erreicht das Generikum im Bezug auf die Nebenwirkungen eine geringere Bewertung
Flagyl und Metronidazole Erfahrungen
  • Es lagen zu wenig Einträge für das Markenpräparat vor um einen Vergleich zu ziehen
  • Allein aus der Anzahl der Einträge für das Generikum, können wir jedoch erschließen, dass dieses Medikament öfter verschrieben wird als das Markenpräparat

Interpretation

Die oben aufgeführten Vergleiche verleihen uns den Eindruck, dass es einen Unterschied zwischen Markenpräparaten und Generika geben muss.

Lediglich bei einem der vier verglichenen Medikamentenpaare, nämlich bei dem zur Migränebehandlung, herrschte eine Art Gleichstand von Markenpräparat und Generikum. Insbesondere das Generikum zur Senkung des Cholesterinspiegels schien deutlich schlechter abzuschneiden als das Markenpräparat.

Die Ergebnisse unserer Nachforschung haben wir an Dr Wayne Osborne von Treated.com gesendet und ihn um eine Analyse gebeten.

"Ich muss zugeben, dass ich die Abweichungen in den Bewertungen sehr überraschend fand." sagte uns Dr. Osborne. "Was ich feststellen konnte, ist, dass die beiden Medikamente zur Migränebehandlung, welche ja normalerweise nach Bedarf angewendet werden, auch die beiden Präparate waren, bei denen es am wenigsten Unterschiede in den Bewertungen gab. Bei den dauerhaft angewendeten Medikamenten hingegen, gab es die größten Unterschiede in den Bewertungen von Markenpräparat und Generikum."

Nach genauerer Betrachtung der Ergebnisse kam Dr. Osborne zu der Annahme, dass die Dauer der Einnahme eventuell eine wichtige Rollen spielen könnte:

"Heißt dies also, dass Patienten eher negative Erfahrungen mit Generika machen, wenn sie diese längerfristig anwenden? Oder heißt es, dass Patienten, die ihre Medizin dauerhaft anwenden, eher an ihr Präparat gewöhnt sind und deshalb Generika eher skeptisch gegenüber stehen?"

, die diese Nachforschungen für MeaMedica geleitet hat, ist der Meinung, dass Patienten eher objektiv handeln, wenn Sie Feedback geben.

"Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Leute durchaus in der Lage sind, diesen Teil nicht in Ihre Bewertung einfließen zu lassen. Sie wollen bloß ihre Erfahrungen mit anderen teilen und nicht das Generikum als solches schlecht reden."

Sie erklärte zudem, dass Forschungen des in den Niederlanden basierten Pharmakovigilanz Zentrum Lareb gezeigt haben, dass die Berichterstattung von Nebenwirkungen von Ärzten und Patienten sich lediglich im Gebrauch der Terminologie unterscheidet. Der Inhalt der Berichte ist jedoch derselbe.

"Deshalb können wir davon ausgehen, dass die Patienten sehr genau wissen, wie sie ihre Medikamente und deren mögliche Nebenwirkungen einzuschätzen haben."

Wie unterscheiden sich Markenpräparate und Generika?

Einfach ausgedrückt: wenn ein Medikament von einem Hersteller entwickelt wird, besitzt dieser ein Patent, welches ihn zur alleinigen Herstellung für eine bestimmte Zeitspanne berechtigt. Sobald dieses Patent jedoch abgelaufen ist, ist es anderen Herstellern gestattet, ihre eine Version des Präparates anzubieten - sie müssen es jedoch unter einem anderen Namen verkaufen.

Ein gutes Beispiel hierfür ist wahrscheinlich das gegen erektile Dysfunktion verwendete, weitverbreitete Medikament Viagra.

Die Firma Pfizer veröffentlichte dieses Präparat in 1998 mit einem Patent von 15 Jahren. Seit 2013 also, ist es anderen Herstellern nun gestattet, ihre eigenen Versionen auf den Markt zu bringen.

Wie oben bereits angemerkt, müssen andere Hersteller ihre Präparate jedoch unter einem anderen Namen verkaufen, der in diesem Fall der Name des aktiven Wirkstoffs, nämlich Sildenafil, ist.

Die Dosierung der Generika ist üblicherweise dieselbe, d.h. es enthält die gleiche Menge an aktivem Wirkstoff. Die Hilfsstoffe, wie beispielsweise der Überzug der Tablette, können jedoch unterschiedlich sein.

Theoretisch sollte es also keine (oder jedenfalls nur sehr geringe) Unterschiede in der Wirksamkeit der Generika im Vergleich zu den Markenpräparaten geben.

Können diese geringen Unterschiede die Wirkung beeinflussen?

Vor der Veröffentlichung werden Generika getestet um zu gewährleisten, dass sie eine vergleichbare Wirkung wie das Original haben. Es ist jedoch die subjektive Auffassung des Begriffs "vergleichbar", die viel Spielraum für potentielle Abweichungen lässt.

"Während des Produktionsprozesses ist viel Freiraum gegeben.", erklärt MeaMedica Forscherin Pauline Bus. "Solange die Bioäquivalenz sich für eine bestimmte Zeit in einem vorgegebenen Rahmen bewegt, wird das Medikament als gleichwertig angesehen. Alles außerhalb dieses Rahmens kann jedoch schon einen großen Einfluss darauf haben, wie jemand auf das Medikament reagiert."

Des Weiteren erklärt sie, dass Markenpräparate den Vorteil haben, dass es sie schon länger gibt und sie dadurch auch stets weiterentwickelt werden können.

"Ein anderer Gesichtspunkt, der ebenfalls einiges an Einfluss haben kann, ist dass das Markenpräparat viele Tests durchlaufen ist und es so hinsichtlich der geeignetsten Hilfsstoffe, wie zum Beispiel dem Überzug, optimiert werden konnte."

David Kelly, Apotheker bei Treated.com, ist jedoch der Meinung, dass die subjektive Einschätzung der Patienten auch eine erhebliche Rolle spielt.

"Viele der Unterschiede zwischen Markenpräparaten und Generika, die von Patienten wahrgenommen werden, können deren persönlichen Erfahrungen oder Erwartungen gegenüber dem Gesundheitssystem zugeschrieben werden." äußerte er.

"Wie der Patient jene ärztliche Beratung in der das Medikament verschrieben wurde, wahrgenommen hat, kann sich auf die Erwartungshaltung gegenüber der Wirksamkeit des Medikaments auswirken. Ein Medikament wird eher von den Patienten akzeptiert, wenn sie die ärztliche Beratung als positive Erfahrung verbucht haben; d.h. wenn der Arzt das Problem beispielsweise schnell erkannt und diesem Aufmerksamkeit geschenkt hat, oder aber wenn der Patient das Gefühl hatte, am Entscheidungsprozess beteiligt gewesen zu sein. Nachträgliche Wechsel zwischen Markenpräparaten und verschiedenen Herstellern von Generika können Unsicherheit bei den Patienten auslösen."

Können Generika überhaupt besser abschneiden als Markenpräparate?

Ein Szenario, welches diese Analyse jedoch außer Acht gelassen hat: welche Erfahrungen machen Patienten, die von einem Präparat - Markenmedikament oder Generikum - auf die jeweils andere Form umsteigen?

Würde man dies genauer untersuchen, so sagt Pauline, gäbe es einen Trend, der genau in die andere Richtung von dem geht, was wir in unseren Nachforschungen bisher herausgefunden haben; nämlich dass einige Patienten positivere Erfahrungen mit Generika als mit Markenpräparaten machen.

"Für andere Präparate als die, die für diesen Artikel genauer untersucht wurden, bekommen wir viele positive Nachrichten von Leuten, die von einem Markenpräparat zu dem Generikum gewechselt sind. Laut ihnen ist es entweder wirksamer oder sie erfahren weniger Nebenwirkungen. Es funktioniert also in beide Richtungen."

Um dies jedoch vollständig untersuchen zu können, bedarf es einer umfassenderen Studie, die unter anderen Bedingungen stattfinden sollte, findet Dr. Osborne.

"Ich denke, dass eine hohe Anzahl der Patienten die vorgefertigte Meinung hat, dass Markenpräparate besser funktionieren als Generika. Dies bringt natürlich einen gewissen Grad an Vorurteilen in jede Art von Vergleich, bei dem die Patienten bereits Erfahrungen mit den Medikamenten gemacht haben."

"Um eine repräsentative Analyse der Unterschiede beider Präparate aufstellen zu können, müsste das Ganze jedoch in Form eines kontrollierten Doppelblindversuchs stattfinden und eine höhere Anzahl von Teilnehmern umschließen."

veröffentlicht 16-11-2016